Auf den Spuren des Roten Kreuzes: Unsere BRK-Bildungsreise nach Solferino
Der BRK-Kreisverband Deggendorf führte eine unvergessliche Bildungsreise nach Solferino, San Martino und Castiglione durch. 14 engagierte Ehrenamtliche unserer BRK-Bereitschaften (Schöllnach, Hengersberg, Deggendorf und Plattling) begaben sich auf eine Reise zu den Ursprüngen der weltweiten Rotkreuzbewegung und folgten den Spuren des Rotkreuzgründers Henry Dunant.
Die Orte zu besichtigen an denen die weltweite Rotkreuzbewegung ihren Anfang nahm und auf den Spuren des Rotkreuzgründers Henry Dunant zu wandeln, das war für die über 14 Ehrenamtlichen Kameraden/innen der BRK-Bereitschaften (Schöllnach, Hengersberg, Deggendorf und Plattling) Hauptgrund, um an der Bildungsreise des BRK-Kreisverband Deggendorf Mitte Oktober teilzunehmen, die der Kreisbereitschaftsleiter Karl-Heinz Junghanns initiierte.
Neben den Gedenkstätten in San Martino und Solferino und einem Besuch des Rotkreuzmuseums in Castiglione stand die Kameradschaftspflege der verschiedenen Ortsverbänden des BRK’s KV Deggendorf auf den Programm. Eine Besichtigung der historischen Stadt Castiglione mit ihren zahlreichen Sehenswürdigkeiten, sowie die Übernachtung direkt am Gardasee rundete die informative und gelungene Bildungsreise ab.
Der 24.06.1859 ist ein historisches Datum in der Geschichte des Roten Kreuzes. An diesem Tag fand die Entscheidungsschlacht im Rahmen der Sardischen Kriege rund um Solferino, einem kleinen Dorf ca. 20 Km vom Südufer des Gardasees entfernt, statt. Die Heere von Napoleon III auf sardischer Seite und die Truppen von Österreichs Kaiser Franz Josef standen sich in einer brutalen Schlacht, die ein gnadenloses „Gemetzel“ war, gegenüber.
Am Ende des Tages ging Vittorio Emanuele II König vom Piemont Sardinien mit Hilfe von Napoleon III als Sieger hervor und die Einheit Italiens konnte vollzogen werden. Auf dem Schlachtfeld selbst gab es nur Verlierer. Nach nur knapp 16 Stunden verloren hier über 40.000 Ihr Leben. Mindestens 10.000 Soldaten galten als vermisst oder gefangen. Rund 40.000 weitere Soldaten erkrankten durch Nahrungsmangel, Überanstrengung und aufgrund der völlig unzureichenden sanitären Verhältnisse in den Tagen nach der Schlacht. Die meisten Soldaten starben nicht bei den Kampfhandlungen, sondern später an den Folgen ihrer Verwundungen. Wie in mehreren Berichten über die Schlacht zu lesen ist, war der Boden so mit Blut getränkt, dass das Grundwasser in und um Solferino derart verseucht wurde, dass es nicht mehr genießbar war. Am Tag der Schlacht war auch der Schweizer Kaufmann Henry Dunant in Castiglione, um von Napoleon III Land für seine Mühlenprojekte in Afrika zu erhalten. Mit großem Entsetzen sah er die Leiden der Soldaten und wusste, wenn nichts für die Verwundeten passiert, dann sterben auch diese elendiglich.
Mit einer paar Helferinnen und Helfern, allen voran die Frauen der nahegelegenen Stadt Castiglione gelang es schließlich zahlreiche Verwundete, egal ob Freund oder Feind, in eine Kirche nach Castiglione zu schaffen und dort zu versorgen. Ausschlaggebend war, dass es in Castiglione genügend reines Wasser aus den dortigen Brunnen für alle gab. „tutti fratelli“ – wir sind alle Brüder – sagten sie und versorgten jeden Verletzten ungeachtet seiner Nationalität.
Henry Dunants Verdienst war es, als Folge der Schlacht zusammen mit weiteren Mitstreitern die Genfer Konventionen auf den Weg zu bringen, die heute noch das Zusammenwirken und vor allem die Neutralität von Hilfsorganisationen bei Kriegseinsätzen und den Umgang mit Verwundeten Soldaten, aber auch Zivilpersonen regelt. Henry Dunant wurde für seine Verdienste mit dem ersten Friedensnobelpreis ausgezeichnet und ist als Gründer des Roten Kreuzes in die Geschichtsbücher eingegangen. Er verstarb am 30.10.1910 im Alter von 82 Jahren in Heiden und ist im schweizerischen Ort Zürich am Friedhof Sihlfeld begraben.
Die von stv. Kreisbereitschaftleiterin Michaela Hörndl organisierte und geplante Bildungsreise zu den historischen Rotkreuzstätten in San Martino Solferino und Castiglione begann am 13.10.2023 frühmorgens um 04:00 Uhr. Hier trafen sich die Kamderaden/innen zu gemeinsamer Abfahrt mit 2 MTW’s des KV Deggendorf, mit einem kurzen Check-in im Hotel direkt am Gardasee, ging unsere Tour um ca. 14:00 Uhr in San Martino los. Hier hat uns bereits unsere Reiseleiterin erwartet.
Unsere Reiseführerin Francesca Cargnoni führte uns in sehr kompetenter und sympathischer Art durch San Martino und anschließend nach Solferino. Sie wusste vieles über die historischen Zusammenhänge und auch über die Geschichte des Roten Kreuzes zu berichten.
Wenn man San Martino besucht, dann beginnt man die Führung am besten in der Beinhauskapelle. Dort sind die Gebeine von 2.619 gefallenen Soldaten aufbewahrt. Wenn man in der Kapelle steht, und die Schädel und Knochen betrachtet, wird einem ganz mulmig und man kann nur erahnen, wie grausam und blutig die Schlacht bei Solferino war.
Der nahegelegene Turm von San Martino ist gleichzeitig Museum und bietet von seiner Aussichtsplattform einen grandiosen Ausblick über das Schlachtfeld von Solferino, bei klarem Wetter kann man sogar bis weit über den Gardasee blicken. Dieses Vergnügen wurde uns ebenfalls zuteil.
Anschließend ging es mit Francesca weiter nach Solferino. Hier besichtigten wir den Turm „Rocco di Solferino“, dieses thront auf dem höchsten Hügel von Solferino in der Provinz Mantua. Es handelt sich hier um einen majestätischen 23 Meter hohen Bau, der auf das Jahr 1022 zurückgeht und entlang der Holzrampe, die zur Panoramaterrasse führt, werden auch Dokumente bezüglich der Geschichte der Rocco und der Münzprägestelle von Solferino ausgestellt. Von der Terrasse der Rocco kann man ein herrliches Panorama über die üppige darunter liegende Landschaft genießen. In der Ferne sieht man außerdem 10 km in nördlicher Richtung, den Turm von San Martino und den Gardasee. Gegen Süden erkennt man Castiglione delle Stiviere.
Ebenfalls ein Muss in Solferino ist der Besuch der Gedenkstätte „Memoriale della Croce Rossa“. Hier erinnern ein Denkmal und Gedenktafeln aller Länder, in denen es eine nationale Rotkreuzgesellschaft gibt, an die Gründung des Roten Kreuzes. Hier war ein großes Highlight, das wir die Präsidentin und RK-Kameraden des italienischen Roten Kreuzes antrafen.
Nach diesem großartigen Zufall besichtigten wir noch das Museum in Solferino (Museum of Resurgence). Das Museum in Solferino grenzt an den Park der Festung und den der Gebeinskapelle. Hier werden einige Exemplare von Kanonen, Waffen, Uniformen und verschiedene Kostbarkeiten des geschichtsträchtigen 24. Juni 1859 ausgestellt. Der Gang durch das Museum wird durch schriftliche Erläuterungen an den Ausstellungsstücken begleitet.
Am Schluss gab es noch ein gemeinsames Gruppenfoto mit unserer Reiseleiterin Francesca, bei der Statue von Henry Dunant mit anschließenden schönen Abschiedsworten.
Der nächste Tag, der 14. Oktober, stand dann ganz im Zeichen des Roten Kreuzes, die Geschichte und des Gründervater Henry Dunant. Das Internationale Museum des Roten Kreuzes, italienisch Museo Internazionale della Croce Rossa, ist ein seit 1959 bestehendes Museum in der Stadt Castiglione delle Stiviere in der italienischen Provinz Mantua. Hier haben bereits zwei ehrenamtliche Rotkreuzler des italienischen Roten Kreuzes auf uns gewartet und haben sich sehr viel Zeit für uns genommen. Mr. Giuseppe Barrile erklärte uns sehr detailliert die Geschichte und führte uns durch das beeindruckende RK-Museum, sein Kamerad Mr. Maurizio Cordova übersetzte uns das italienischgesprochene auf Deutsch. Wir danken beide für dieses Engagement und die Leidenschaft, die man förmlich spüren könnte.
Es widmet sich der historischen Dokumentation der Entstehung und Entwicklung der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung. In verschiedenen Abteilungen sind alte Kutschen und Behandlungswerkzeuge ausgestellt. Neben dem Museum konnte die BRK-Reisegruppe auch auf den Dom einen Blick werfen, in der die Verwundeten nach der Schlacht versorgt wurden, sowie die Basilika.
Am Abend genossen wir alle noch ein schönes gemeinsames Abendessen, direkt am Ufer des Gardsee’s. Dort haben wir den Abend ausklingen lassen mit tollen und lustigen Gesprächen und man war sich schnell einig, dass wieder eine Bildungsreise auf den Spuren der Rot-Kreuz-Geschichte stattfinden soll. Sehr erfreut waren wir darüber, dass wir an diesen beiden Tagen, was den Rot Kreuz Teil anbelangt, geschichtlich noch tiefer eintauchen konnten und wir dadurch „Neuerungen“ erfuhren, die uns bisher noch nicht bekannt waren, auch den geschichtlichen 2ten Unabhängigkeitskrieg von Italien. Wertvolle Erkenntnisse für uns, um die Geschichte weitertragen zu können.
Am nächsten Morgen, nach einem gemeinsamen Frühstück ging es nach langer staureicher Fahrt wieder zurück in die Heimat.ä
Der Kreisbereitschaftsleiter Karl-Heinz Junghanns bedanke sich im Namen aller Teilnehmer bei der stv. Kreisbereitschaftleiterin Michaela Hörndl für die bestens vorbereitete und organisierte BRK-Bildungsreise nach Solferino – zu den Anfängen der weltweiten Rot-Kreuz-Bewegung, die es bis heute gibt verbunden mit der Hoffnung das der Rot-Kreuz-Gedanke ganz im Sinne von Henry Dunant, auch in Zukunft weitergetragen wird.
Text: Michaela Hörndl